ORNIKA 2013 zeigt Kraniche

Kranich (Grus grus), Bild mit freundlicher Genehmigung von Dietmar Schmidt

Mit dem Schwerpunktthema: „Kraniche – Boten des Glücks“ rückt die Vogelschau ORNIKA 2013 diesmal besonders beeindruckende Vertreter der Vogelwelt in den Mittelpunkt. Mit Kranich und Jungfernkranich werden beide in Europa heimischen Arten gezeigt.

 

Kraniche inspirieren seit jeher die Menschen und zwar in der gesamten nördlichen Hemisphäre. Als Gründe hierfür sind gleich mehrere herausragende Eigenschaften des Kranichs zu nennen: Zunächst beeindrucken die große aufrechte Gestalt, die eleganten Bewegungen und die unverwechselbar trompetenartige Stimme. Doch besonders das Verhalten sorgt für die Faszination, welche von Kranichen ausgeht. Sie gehören zu den ersten Zugvögeln, die sich bereits im ausgehenden Winter nach Norden aufmachen, oft noch bevor andere Anzeichen auf den nahenden Frühling hinweisen. Zudem fliegen Kraniche auf dem Zug in nahezu perfekter Formation, was den Eindruck völliger Harmonie vermittelt. Bekannt ist auch der Balztanz der Kraniche, mit welchem in jedem Frühjahr um die Gunst des Partners geworben wird – dass es sich dabei jedes Jahr um denselben handelt weiß man allerdings erst seit wenigen Jahren. Kraniche gehören nämlich zu den ganz wenigen Vogelarten, die in lebenslanger Einehe zusammenleben. Geheimnisumwoben, ja geradezu mystisch erscheinen Kraniche sicher auch deshalb, weil sie – früher wie heute – den meisten Menschen nur für kurze, flüchtige Augenblicke im Jahr (während des Vogelzugs) erscheinen, die längste Zeit dagegen scheu und zurückgezogen in abgelegenen und unzugänglichen Sumpfgebieten leben, wo sie kaum ein Mensch zu Gesicht bekommt.

 

Aus all diesen Eigenschaften des Kranichs haben die einzelnen Kulturen allerdings unterschiedliche Schlüsse gezogen. Im alten China und Japan stand der Kranich bereits für Weisheit und ein langes Leben. Verehrt werden Kraniche (verschiedener Arten) in diesen Ländern daher bis heute.

 

In der griechischen Mythologie wurde der Kranich gleich mit verschiedenen Göttern in Verbindung gebracht und galt als Bote des Frühlings und des Lichts. Bei den Römern war der Kranich nicht nur Sinnbild für vernünftiges und kluges Handeln sondern auch für besondere Wachsamkeit: Vom Einschlafen soll er sich durch das Halten eines Steins abhalten, da er durch dessen Herabfallen stets wieder geweckt wird. Erstaunlicherweise findet sich dieses Motiv noch viele Jahrhunderte später in verschiedenen Wappen, anderen Bildnissen und Erzählungen quer durch Europa wieder. Nach den Erkenntnissen der heutigen Biologie muss dieses Verhalten allerdings endgültig ins Reich der Fabeln verwiesen werden.

 

Den keltischen Gott Ogma soll der Flug der Kraniche zur Erfindung der sog. Ogham-Schrift inspiriert haben, die in Irland und Schottland über Jahrhunderte bei Felsinschriften verwendet wurde. Insbesondere in Schweden, wo die Kraniche alljährlich durch ihre Rückkehr das Ende des langen Winters ankündigen, gelten sie bis heute als „Boten des Glücks“.

 

Beim Vergleich über alle Kulturen hinweg fällt auf, dass der Kranich stets mit positiven Eigenschaften belegt ist. Dies hat womöglich auch dazu beigetragen, dass viele berühmte Erzähler und Literaten wie Äsop (Der Wolf und der Kranich), Friedrich Schiller (Die Kraniche des Ibykus), Theodor Fontane (Der Kranich), Ewald Christian von Kleist (Der gelähmte Kranich) oder Wilhelm Busch (Der kluge Kranich) diesen bemerkenswerten Vogel in Fabeln und Gedichten verewigt haben.

 

Mit bis zu 1,76 m ist der indische Saruskranich die größte, der Jungfernkranich mit 90 cm die kleinste Art. Der europäische Kranich (auch Graukranich genannt) gehört mit 1,15 m zu den mittelgroßen Arten.

Die insgesamt 15 Arten der Kraniche bevölkern Feuchtgebiete in weiten Teilen der Erde, mit Schwerpunkten in Asien (acht Arten) und in Afrika (vier Arten). Südamerika hingegen ist der einzige Kontinent, der nicht besiedelt wird. Dass etwa Kronenkraniche die Savannen Afrikas oder der Jungfernkranich die Steppen Zentralasiens bewohnen, mag auf den ersten Blick nicht so recht ins Bild passen. Allerdings gibt es auch in diesen von Trockenheit geprägten Landschaften feuchte Senken, Flusslandschaften oder Sümpfe – und genau diese sind unverzichtbarer Bestandteil des Lebensraums der Kraniche.

 

Als Bewohner von Feuchtgebieten sind heute fast alle Kranicharten mehr oder weniger bedroht. Denn großflächige Entwässerungs-maßnahmen zur Gewinnung von Acker- oder Weideland und die folgende Wasserverschmutzung sind leider weltweite Probleme. Erste gezielte Schutzmaßnahmen wurden in Nordamerika bereits in den 1930er und 1940er Jahren unternommen, um den Schreikranich vor dem Aussterben zu bewahren. In dieser Zeit, als die Menschen in weiten Teilen der Welt andere Sorgen plagten, erkannte man, dass nur noch etwa 15 Exemplare überlebt hatten. Glücklicherweise lebten diese im wenige Jahre zuvor gegründeten Wood Buffalo Nationalpark in Kanada, der zugleich das letzte Refugium des Waldbisons war. Doch der Schutz des Brutgebiets reicht bei einer Zugvogelart bei weitem nicht aus. So wurden auch die Rast- und Überwinterungsgebiete in den USA unter strengen Schutz gestellt und zudem Gelege entnommen, um durch kontrollierte Aufzucht eine Reservepopulation in Menschenobhut aufzubauen. So leben heute wieder 150 Schreikraniche im Freiland und ebenso viele in wissenschaftlichen Instituten und Zoos. Endgültig gerettet ist der größte Vogel Nordamerikas damit leider noch nicht.

 

Ganz so dramatisch war die Bestandssituation des Kranichs in Europa zwar nicht, aber auch er hat über die Jahrhunderte weite Teile seines ursprünglichen Verbreitungsgebiets verloren. Seit dem Mittelalter wurden Kraniche zu Nahrungszwecken gejagt aber auch als Schädling verfolgt, weil er sich im Herbst und im Frühjahr unter anderem von frisch ausgebrachtem Saatgut ernährt. Später wurden die ehemals weitläufigen Flusslandschaften trocken gelegt und zu Kulturland entwickelt, was den Kranich fast ganz aus Mitteleuropa verdrängte. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts lebten schließlich nur an wenigen Stellen im Norden und Osten Deutschlands noch wenige Brutpaare des Kranichs (1978 waren es 16 Brutpaare). Heute bemüht man sich in vielen Ländern Europas um den Schutz und die Wiederherstellung von Feuchtgebieten, die der Kranich auch auf seinen Zugwegen und in den Überwinterungs­quartieren unbedingt zum Überleben braucht. An einigen traditionellen Rastplätzen, an denen sich manchmal bis zu 20.000 Kraniche gleichzeitig aufhalten, werden sie inzwischen gezielt gefüttert, um so den Konflikt mit Landwirten zu entschärfen. Diese Maßnahmen haben dazu geführt, dass gerade auch in Deutschland die Bestandszahlen des Kranichs steigen und geeignete, seit vielen Jahren verwaiste Lebensräume wieder besiedelt werden.

 

Gegenläufig zu diesem positiven Trend sieht allerdings die Entwicklung im Süden Spaniens aus – dem wichtigsten Winterquartier der europäischen Kraniche. Dort werden vor allem in der Provinz Extremadura leider immer noch Kork- und Steineichenhaine illegal gerodet oder „halb legal“ durch Bewässerung zum Absterben gebracht, weil sich die Bewirtschafter durch andere Kulturen schnelleren Profit versprechen. Zum Teil wird diese Umnutzung sogar noch von der EU gefördert. Dabei sind die Eicheln das wichtigste Futter der in Spanien überwinternden Kraniche.

 

Übrigens wird Bad Schönborn fast jedes Jahr im Frühjahrs- und Herbstzug von Kranichen überflogen. Schon mehrmals konnten unsere Mitglieder beim Aufbau der ORNIKA, welcher immer Mitte bis Ende Oktober erfolgt, dieses Schauspiel beobachten. Die eindrucksvollen, trompetenden Flugrufe sind schon von weitem zu hören. Die winklige Flugformation ist dabei meist gut zu erkennen. Dieses Jahr wurden von einem aktiven Vereinsmitglied der Vogel- und Naturfreunde schon ungewöhnlich früh Kraniche beim Herbstzug in den Süden beobachtet. So flog bereits am 1. Oktober, nachts um ca. 2 Uhr, ein kleiner Trupp Kraniche über Bad Schönborn nach Süden. Die lauten, unverkennbaren Rufe waren sehr deutlich längere Zeit zu hören. Ob dies einen besonders kalten oder einen besonders frühen Winter ankündigt wird zunächst das Geheimnis der Kraniche bleiben. In einigen Monaten werden es auch die Menschen wissen.

Termine

24.11.2023, 19:00 Uhr

Versammlung

Vereinsheim, ORNIKA-Halle

09.05.2024, 07:00 Uhr

Vogelkundliche Wanderung

Treffpunkt: Marktplatz Mingolsheim

Aktueller Vereinsflyer
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Kontakt

Verein der Vogel- u. Naturfreunde

Bad Mingolsheim e.V.

1. Vorstand Bertold Stahl

Ewald-Renz-Str. 17

76669 Bad Schönborn

 

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