Baum des Jahres 2013 - Der Wildapfel

Die Apfelfrucht hat in der europäischen Mythologie, den Volksmärchen und in der Geschichte einen festen Platz. Bei vielen Monarchen war der Reichsapfel das Symbol für ihre umfassende irdische Macht.

 

Das Verbreitungsgebiet des Wildapfels (Malus sylvestris) reicht von Nordspanien über Frankreich bis zu den britischen Inseln und erreicht über das südliche Skandinavien das Baltikum. Im Osten erstrecken sich seine Vorkommen fast bis an den Ural und in einem weiten Bogen südlich bis an die Schwarzmeerküste. Im Mittelmeerraum wird Italien und Griechenland besiedelt. In Deutschland finden wir größere Teilvorkommen nur noch im Oberrheingebiet, entlang der mittleren Elbe und im Erzgebirge, sonst haben nur einzelne, überalterte Einzelexemplare an wenigen Rückzugsorten überlebt. Trotz dieses großen Verbreitungsgebietes zählt der Wildapfel zu den seltensten heimischen Baumarten. Aufgrund zahlreicher archäologischer Befunde aus steinzeitlichen Siedlungen gilt die Art in Mitteleuropa als bodenständig.

 

Als Lichtbaumart besiedelt er frische bis mäßig feuchte, basische und nährstoffreiche Böden von der Ebene bis zur montanen Stufe in etwa 1100 m über NN. Er bevorzugt lichte Laubwälder, Waldränder, Feldgehölze und Hecken. Sein Wachstum ist langsam, der Stamm meist kurz ausgebildet und früh verzweigt. Seine rundliche Krone ist dicht und die Äste sind meist leicht überhängend. Im Alter von etwa 100 Jahren kann der Wildapfel eine Höhe von gut 10 m erreichen. Die Rinde der jungen Triebe rot- bis graubraun gefärbt und im Gegensatz zum Kulturapfel völlig unbehaart. Erst im fortgeschrittenen Alter entstehen in der Rinde des Stammes und der dickeren Äste Längs- und Querrisse, man spricht dann von einer „Schuppenborke“.

 

Der Rand der wechselständigen, gestielten und eiförmigen Blätter ist fein gesägt. Sie sind ca. 6 cm lang und 3-5 cm breit, oberseits dunkelgrün und glatt, auf der Unterseite heller aber immer unbehaart. Die radiären (d.h. in 3 Ebenen symmetrisch) und zwittrigen Blüten erscheinen nach dem Laubaustrieb etwa im April und sind mit bis zu 6 an der Zahl doldenartig an Kurztrieben zusammengefasst. Ihr Durchmesser misst 3-5 cm und die fünf Blütenkronblätter sind innenseitig weiß und außen rötlich überhaucht. Die zahlreichen Staubblätter produzieren reichlich gelben Pollen. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten. Der Fruchtknoten ist unterständig und die grüne bis gelblich-grüne Frucht misst 3-4 cm im Durchmesser. Das Fruchtfleisch ist hart und sauer mit hohem Gerbstoffgehalt, der sich durch Frosteinwirkung reduziert. Das Fallobst wird von Vögeln und Wild gerne gefressen.

 

Das gelbliche Holz des Wildapfels ist im Kern dunkel, aber wenig dauerhaft wenn es der Witterung ausgesetzt wird und kann daher nur für Drechselarbeiten, Deko-Artikel oder als Furnier im Innenbereich verwendet werden. Für hochwertige Einzelmöbel wird es gesucht.

 

Noch bis vor wenigen Jahrzehnten wurde davon ausgegangen, dass der europäische Wildapfel, auch Holzapfel genannt, die ursprüngliche Form unserer heutigen Kulturäpfel darstellt oder zumindest an deren Entstehung beteiligt gewesen ist. Heute weiß man allerdings, dass die Vorfahren unserer Apfelsorten aus den Gebirgen Zentralasiens stammen. Wohl nicht von ungefähr bedeutet Almaty, der Name der ehemaligen kasachischen Hauptstadt, ins Deutsche übersetzt „Apfelstadt“. In sowjetischer Zeit hieß sie Alma-Ata, was soviel wie „Vater der Äpfel“ bedeutet. Über die historischen Handelswege, z.B. die Seidenstraße, gelangten diese Apfelarten in den Mittelmeerraum. Später brachten die Römer die ersten Apfelsorten nach West- und Mitteleuropa. Ausgehend von den Klostergärten erreichten die Kulturäpfel im Mittelalter bald allgemeine Verbreitung. Es entstanden zahlreiche regionale Selektionen. Ein Großteil dieser Vielfalt ging im laufe der Jahrhunderte allerdings wieder verloren. Ehrenamtlich Engagierte und auch öffentliche Einrichtungen bemühen sich heute darum, diese Vielfalt wenigstens teilweise zu erhalten, wie beispielsweise im Obst-Gen-Garten Bad Schönborn.

 

Zwischen den Kulturapfelsorten und dem Holzapfel existieren keine genetischen Kreuzungsbarrieren, sodass es immer wieder zu Bastardierungen zwischen beiden Arten kommt. Dadurch wird die genetisch reine Erhaltung des europäischen Wildapfels sehr erschwert. Hybriden sind morphologisch (d.h. durch äußere Merkmale) nur schwer von der Art zu unterscheiden. Erst genetische Untersuchungen schaffen hier Klarheit. Überregional kooperieren daher Forstverwaltungen, indem sie räumlich isolierte Samenplantagen von gesicherten Herkünften pflanzen, um die genetische Vielfalt des Holzapfels zu erhalten und gleichzeitig artenreines Saatgut für die Forstbaumschulen bereitzustellen.

Die in der Gemarkung in Hecken und Feldgehölzen wild aufgegangenen Apfelbäume sind i.d.R. Zufallssämlinge unserer Kulturapfelsorten aber mit Sicherheit keine Holzapfelbäume.

 

Der europäische Wildapfel ist eine geschützte Art. Vorrangige Gefährdungsursache war vor allem in den zurückliegenden Jahrzehnten die großflächige Umwandlung von Laubwäldern in Nadelholzmonokulturen. Erst in den letzten Jahren werden artenreiche Laubmischwälder wieder gefördert. Aber sicherlich fallen auch heute noch bei Durchforstungsarbeiten hin und wieder Holzapfelbäume der Säge zum Opfer. Erst in jüngster Zeit werden nachgewiesene Einzelbäume zu Naturdenkmalen erklärt und sind damit langfristig gesichert.


In Baden-Württemberg ist die Art insgesamt sehr selten. In weiten Landesteilen findet man höchstens überalterte Einzelbäume oder durch Wildverbiss strauchartig verkümmerte jüngere Exemplare. Nur lokal existieren noch Kleinpopulationen auf den Strauch- und Wacholderheiden der Schwäbischen Alb, am Oberrhein, im Neckar- und im Taubertal, im Bereich der Wutach und im Hegau. Bei all diesen Vorkommen handelt es sich um Rückzugsstandorte, die über lange Sicht nur durch gezielte Schutzmaßnahme erhalten werden können. Bisher wurde in den Jahreswaldberichten immer nur der weitere Rückgang des Wildapfels dokumentiert. Es ist daher sehr zu begrüßen, dass gerade in den Landesforsten bei Wiederaufforstungen an für den Holzapfel geeigneten Standorten, dieser zunehmend in Kleingruppen gepflanzt und vor Verbiss geschützt wird. So werden die Voraussetzungen geschaffen, dass sich der europäische Wildapfel in Baden-Württemberg wieder etablieren und auf lange Sicht eine nach Altersstufen gegliederte Population in der Fläche aufbauen kann.



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